16.1. – 5:30 Uhr – Panama City Airport – ca. 30C. Durch den Zoll zu müssen macht mich jedes mal wieder etwas nervös. In Frankfurt war ich auch schon ein wenig kribbelig. Nich das ich mir was zu Schulden kommen lassen hätte, aber wenn man seit 3 Jahren keine Post mehr vom Amt bekommen hat… man weiß ja nicht was sich da so angesammelt hat. Von Amtswegen angemeldet, unbekannt verzogen. Naja, die kleine Geschichte mit dem Zoll letzten Herbst hätte da noch schlummern können. Aber eigentlich habe ich da nicht mehr mit Konsequenzen gerechnet. Haben die mir doch tatsächlich meine Sammlung erlesener, legaler (!), RCs weggenommen. Und sich dann noch wundern das mein Urin sauber ist… Spacken! “Glück gehabt” könnte man auch sagen, und “selber schuld”. Das Zeug, weiße Pulverchen, in einem Goaflyer eingepackt in meinem Auto herum fliegen zu lassen ist vielleicht nicht die beste Art der Aufbewahrung. Gut das bereits Herbst, die Festivalsaison vorüber, und nur noch ein paar Reste übrig waren.
Ich legen meine Rucksäcke auf das Förderband vor dem Durchleuchter und warte auf ein Zeichen des nicht sonderlich interessierten Zollbeamten. Er winkt mich durch mich gelangweilter Miene durch. Fast geschafft, nur noch die Passkontrolle. Nachdem sie ein Foto von mit gemacht, und meine Fingerabdrücke eingescannt hat mach mich die Frau am Schalter darauf aufmerksam, dass ich keine Adresse in Panama in das A6 große Einreiseformular eingetragen habe. “Hotel” sagt sie immer wieder und deutet auf die leere Zeile. Sie versteht kein Wort Englisch und ich kein Wort Spanisch. “No tengo… No lo tengo…. Ähhh no tengo hotel.” sage mit Hilfe meiner minimalen Spanischkenntnissen. Nach einer Weilte hin und her bedeutet mir die Überforderte Dame “Holiday” in die leere Zeile einzutragen. Puh, Geschafft! Ich bin frei.
Die Sonne versteckt sich immer noch hinter dem Horizont aber es beginnt zu dämmern. Erstmal Zähne putzen. Habe den ganzen Flug nicht geschlafen und bin dementsprechend schon recht durch. Vom Flughafen geht’s ab ins Taxi zum Albrook Bus Terminal. Aus dem Radio schallt Raggaton und durch das Fenster beobachte ich das den regen Verkehr und die Stadt an mir vorbei ziehen. Als erstes fallen mir die aufgepimpten Busse überall auf. Um die riesigen Skyscraper in Panama City kreisen eine Menge Geier, die ich in meiner romantischen Vorstellung für Adler halte. Nach Bananan riecht es hier aber nicht! Ehr nach Abgasen und verbranntem Plastik.

Das Busterminal in Albrook überfordert mich maßlos. Der Busbahnhof ist in etwa so groß wie der Flughafen. Trotz der frühen Uhrzeit ist schon die Hölle los. In Deutschand ist man gewohnt, dass man die wichtigen Informationen Schildern entnehmen kann. In Panama ist man auf Kommunikation angewiesen. Leider finde ich niemanden der Englisch spricht und mit meinen nicht wirklich vorhandenen Spanischkenntnissen komme ich nicht weiter. Hmm, was jetzt? Cool bleiben! Bei der Hitze gar nicht so einfach. Erstmal was zu trinken kaufen, das sollte wohl noch zu schaffen sein. Nach dem 5 Versuch –
“habla inglés?”
“no…”
“donde bus colon?”
“bla bla bla”
kein Wort verstanden
– und kurz vor der Verzweiflung spreche ich voller Hoffnung einen Anzugträger mitte 40 an. Englisch spricht er zu meiner entäuschung auch nicht, bringt mich aber zum richtigen Schalter. Kurz darauf sitze ich in einem alten, klimatisierten Reisebus Richtung Colón City.
Die fahrt nach Colón gestaltet sich recht entspannt. Meinen Liter Wasser habe ich aus getrunken und jetzt fängt er an mir auf die Blase zu drücken. Endlich, das muss Colón sein. Nicht mehr lange und ich kann pissen. Die Stadt sieht nicht gerade besonders einladend aus. Ganz schön runter gekommen, Gebäude wie Menschen. Ziemlich viele sehen echt verjunkt aus. Plötzlich geht nichts mehr. Wir stecken fest, und meine Blase fängt langsam an zu schmerzen. In der Strasse vor uns sind ca. 8 Panamenos damit beschäftigt die Besitzer der dort geparkten Autos zu finden und den Verkehr zu regeln. In der Straße rechts hinter uns beginnen irgend welche fertig aussehenden Typen eine Straßenbarriere zu errichten. So langsam wird mir ein wenig mulmig zu Mute, zum Glück kann ich meine Hauptkonzentration darauf richten mir nicht in die Hose zu pinkeln. Auf Wikipedia wird Colón als eine der gefährlichsten Städte der Welt betitelt. Gut das ich davon keine Ahnung habe. Nach einer gefühlten Ewigkeit entscheidet der Busfahrer sich für eine andere Route und legt den Rückwärtsgang ein. Die Barrierenbauer werden mittlerweile von der Polizei beschäftigt. Nach zwei Blocks rückwärts in der engen Stadt können wir wieder vorwärts fahren und der Bus bahnte sich einen anderen Weg zum Terminal.
Das Busterminal in Colón ist der nächste Kulturschock. Es sieht mehr wie ein wilder Basar aus als wie eine Bushaltestelle. Bis auf die vielen Busse die kreuz und quer durcheinander fahren. Nachdem ich endlich das Klo gefunden habe und der alte, nette Klomann mir auf Englisch erklärt wo ich hin muss sitze ich auch ziemlich schnell im Bus nach Palenque. Diesmal ist es einer von diesen amerikanischen, gelben Schulbussen, wie man sie aus den Simpsons kennt, die mir schon in Panama City aufgefallen waren. Voller stolz werden sie aufgepimpt, bemalt und dekorieren. Ich bin weit und breit der einzige Gringo. Ich fühle mich fremd und beobachte interessiert leicht beunruhigt das rege treiben. Ständig kommen fliegende Händler in den Bus und versuchen Streichhölzer, Snacks, Getränke, Zahnbürsten uvm. an den Mann zu bringen. Und die Jungendlichen um mich herum scherzen herum. Als der Bus gut gefüllt ist geht es los.
Der Weg nach Palenque kommt mir unendlich lang vor. Die Landschaften, Dörfer und Städte ziehen wie im Traum an mir vorbei. Die vielen Eindrücke strömen, dem erfrischenden Fahrtwind gleich, auf meinen passiven Geist ein. Um so weiter wir uns Richtung Palenque bewegen desto dunkler wird die Hautfarbe meiner Mitreisenden, bis ich schließlich der ein einzige Insasse nicht afrikanischer Abstammung bin. Zum ersten mal in meinem Leben erfahre ich was das bedeutet. Ich fühle mich fremd und beobachtet. Aber meine Mitreisenden kommen mir alle recht sympathisch vor. Später habe ich dann erfahren, dass viel Orte um Portobello herum von dort entflohenen Skalaven erichtet wurden und dementsprechend die Mehrzahl der dort Ansässigen die Nachfahren dieser Sklaven sind. Gegen Ende wir die Fahrt immer holpriger und die vielen Schlaglöcher machen meiner Blase mal wieder zu schaffen. Gegen 15 Uhr kann ich endlich in Palenque aussteigen. Leider habe ich verpasst beim Festivaleingang auszusteigen und muss zurück laufen. Ca. 30 Minuten später bin ich dann auf dem Festivalgelände werde herzlich von Jason, Vanessa alias big V und den anderen empfangen. Angekommen! Ich kanns kaum glauben. Jason macht mir ein Bier klar und gibt mir den Rest des Tages frei. Mit dem Bier in der Hand verziehe ich mich in meine Hängematte und nach ca. 30 Stunden ohne Schlaf döse ich erst mal bis zum Abendessen.


